27 Studierende der Fakultät digitale Medien an der Hochschule Furtwangen. „Wer schreibt einen Blog?“, frage ich bei meiner Vorlesung zum Thema Influencer Marketing. Null Hände gehen in die Höhe. Nichts, zero, nada.

Ich stelle diese Frage regelmäßig. Die Ergebnisse sind meist nicht viel erhellender, zumindest bei jüngeren Zielgruppen. In diesem Fall bedeutet es: Nahezu alle der 27 sind auf Insta. Etwa 30 Prozent auf YouTube. Drei auf Twitter. Facebook spielt ebenfalls kaum mehr eine Rolle.

Die Studierenden kennen BloggerInnen, aber ja. Vor allem jene, die ihren Blog dicht gemacht haben, und zu Insta gewechselt sind. Das tut weh. Wir Blogger sitzen in einer Filterblase und merken nicht immer, dass sich die Welt weitergedreht hat. Dass Blogs nicht mehr der Nabel der Content-Welt sind. Klar, auch andere schreiben darüber, schon länger. Daniela Sprung hier und Rob Vegas hier. Oder da:

Ich habe bei all dem Leichenschmaus immer dagegen gehalten, weil Blogs für Unternehmen nach wie vor sehr gut funktionieren. Das ist meine kleine Filter Bubble.

Blogger sind längst Influencer, Markeninhaber und Vermittler von eigenen Reichweiten.

Schreibt Rob auf seinem Blog. Ich glaube, genau das ist ein Teil des Problems. Sind Blogs zu reinen Backlink-Schleudern verkommen? Viele, die sich Blogger nennen, wissen mehr über Affiliatelinks und Conversion Rates, als über das Thema, zu dem sie schreiben. Wer will das noch lesen. Dann doch gleich lieber schöne Schleichwerbung dort, wo es jeder erwartet.

Klar hat Social uns Bloggern am meisten weh getan. Warum sollte ich bloggen, wenn ich in fünf Minuten einen Post oder eine Story auf Instagram veröffentlichen kann? Die dann auch noch deutlich mehr Reichweite und Interaktionen erfährt? Der Belohnungsfaktor bei Blogs, er ist mau geworden. Und wenn ich sehe, wie ich mich gerade mit Gutenberg rumschlagen muss, kann ich es ihnen nicht verübeln.

Die andere Seite

Blogs sind nicht tot, wenn man auf Firmenblogs schielt. Obwohl gefühlt 80 Prozent aller Corporate Blogs inhaltlich grober Unfug sind. Aber die anderen 20 Prozent nehmen den Mitbewerbern ordentlich Plätze bei Google weg. Blogs können wahre SEO-Perlen sein, deren Gegenwert bei richtiger Content Strategie ins unermessliche geht. Ich kenne genügend Unternehmen, die 20 bis 30 Prozent ihres Umsatzes rein aus dem Firmenblog ziehen. Gerade für den Tutorial- und Mehrwert-Ansatz oder bei erklärungsbedürftigen Produkten sind Blogs nach wie vor prädestiniert, mit YouTube als Zusatzleistung.

Mir ist schon bewusst, dass das nicht viel besser klingt, als der Affiliate-Voodoo. Zum Glück funktionieren auch Firmenblogs nicht, wenn sie rein aus SEO-Sicht am OnPage-Schreibtisch entstehen. Storytelling wird nicht umsonst als weiteres Buzzword durchs Dorf getrieben. Unternehmen, die nichts substanzielles zu erzählen haben, bei denen keine Köpfe sichtbar sind oder die auf Agenturen/Ghostwriting statt auf schreibende Mitarbeiter setzen, die lassen es lieber gleich ganz sein.

Merci bien

Danke den Teilnehmern meiner Vorlesung. Fürs aus dem Glashaus holen. Mein Learning: Ja, ich werde Insta ernsthaft angehen, nicht mehr nur mit Testaccounts. Gleichzeitig will ich wieder mehr privat bloggen, nicht nur für Unternehmen. Hier und zu einem ganz anderen Thema, das noch etwas im Kopf geschwenkt werden will. Sobald ich den Kampf mit WP Gutenberg gewonnen habe.

Titelbild James Sutton / Unsplash